“Die eigene Kampagne – das Spielleiter-Spiel”
Die Kampagne: Der große Rahmen
Bei der Kampagne handelt es sich um den großen Rahmen für alles, was meine Spieler darin anstellen möchten. Je nach Setting (zum Beispiel Drittes Imperium, Aventurien, die Wilderlands of High Fantasy oder eine eigene Entwicklung) beinhaltet die Kampagne eine oder mehrere Welten, Sonnensysteme, Ebenen oder parallele Realitäten. Umso größer ich den Rahmen am Anfang ziehe, desto weiter kann ich die Abhängigkeiten innerhalb der Kampagne planen und ausbauen.
Wenn ich ein eigenes Setting entwickle, stellt sich schnell die Frage, ob ich vom Großen zum Kleinen arbeite, oder anders herum. Ich kann zuerst die verschiedenen großen Machtzentren definieren, oder aber mit einem Dorf und seiner Umgebung anfangen und von da aus weiterarbeiten. Ein pragmatischer Ansatz ist, für den großen Rahmen lediglich grobe Skizzen anzufertigen (welche Reiche/Götter/Megakonzerne gibt es) und erst bei Bedarf an die Details zu gehen. Eine mögliche Vorgehensweise zum Erstellen solcher Skizzen hat Norbert Matausch in seinem Retro-Spiel Abenteuer! ab Seite 55 vorgestellt. Der Vorteil bei diesem Vorgehen ist, dass ich schneller mit den Vorbereitungen für die ersten Spielrunden beginnen kann.
Die Grundlagen: Karten, Kalender und Tabellen
Wie schon 1979 Gary Gygax im Dungeon Masters Guide schrieb:
„You can not have a meaningful campaign if strict time records are not kept.“
Oder? Nein, ich glaube, es war:
„YOU CAN NOT HAVE A MEANINGFUL CAMPAIGN IF STRICT TIME RECORDS ARE NOT KEPT.“
Ich erhöhe um Landkarten, Machtzentren und Beschreibungen von … allem. Die gute Nachricht ist, dass nicht alles stets im Detail ausgearbeitet werden muss. Ein Kalender muss nur nachgehalten werden, Landkarten sind beliebig aufwändig herzustellen und die Beschreibungen-von-allem können in den meisten Fällen durch Zufallstabellen abgebildet werden.
Ein Kalender erfüllt verschiedene Funktionen: Zum einen zeigt er den Fortgang der Jahreszeiten, während die Spielercharaktere die Welt erkunden. In einer stärker ausgearbeiteten Welt zeigt er gegebenenfalls auch spezielle Feiertage und Festivitäten, wodurch die Spielwelt etwas lebendiger wirkt. Ich nutze den Kalender darüber hinaus als Planungshilfe für Aktionen und Aufenthaltsorte der Nichtspielercharaktere, zum Beispiel wenn die Spieler den Oberschurken nicht geschnappt haben, oder wenn eine Entsatzstreitmacht ausrückt, um eine Bedrohung zu bekämpfen in einer Gegend, in der sich die Spielercharaktere aufhalten. Ich nutze dazu Excel, wobei ich beliebig viele Spalten für Fraktionen nutzen kann.
Landkarten in verschiedenen Maßstäben sind eine großartige Planungshilfe und geben der Welt ein Gesicht. In Verbindung mit dem Kalender können Wegstrecken für die Spieler erfassbar gemacht werden, was für zeitkritische Pläne oft unabdingbar ist. Ich bereite für die Spieler meist nur die Landkarten vor, die den aktuellen Aktionsradius oder den für die nächste Zeit relevanten Bereich abdecken, sowie Stadtkarten mit einer groben Verortung der diversen Stadtteile. Über die Herstellung von Landkarten habe ich einen Artikel geschrieben, aber im Notfall genügt eine halbwegs maßstabsgerechte Bleistiftskizze vollkommen.
Die Beschreibung-von-allem ist ein Brocken, der jedem Spielleiter und Weltenbastler ein gewisses Unbehagen bereiten dürfte. Einen möglichen (und empfehlenswerten) Ausweg bieten Zufallstabellen: Leicht zu bedienen und immer zur Stelle, wenn ein Detail nicht bereits festgelegt ist. Dabei sind Zufallstabellen durchaus nicht beliebig, sondern definieren schon durch die möglichen enthaltenen Ergebnisse die Tonalität der Welt (oder die Tödlichkeit von Begegnungen, oder die Population verschiedener Spezies, oder die soziale Struktur einer Stadt, etc.). Beispiele sind die Tabellen für Begegnungen in Landkarten, sowie die Tabellen für zufällige Adelshäuser und zufällige Ruinen und Relikte, beide für die Benutzung mit der kostenfreien Software Inspiration Pad Pro.
Schon diese drei Komponenten eröffnen einem Spielleiter das Solo-Spiel. Das funktioniert ähnlich wie die Charakter- oder Welten-Erschaffung in Traveller. Es werden Fakten erwürfelt oder vorgegeben, welche helfen, die eigene Kreativität anzustoßen. Die Befüllung von Landkarte und Zeittafel mit Hilfe von Zufallstabellen ist für mich ein wesentlicher Aspekt des Spiels für den Spielleiter, denn auf diese Weise erforsche und forme ich die Kampagne und lerne sie dabei sehr genau kennen. Das Leiten fällt mir dadurch sehr viel leichter.
Material und Inspirationen
Ich traue meiner eigenen Kreativität zwar das ein oder andere zu, aber es liegt auf der Hand, dass ich nicht mit der geballten Ideenflut aller produktiven Autoren mithalten kann. Von daher benutze ich alles, was ich an Material kriegen kann und was taugt, unabhängig von Regelsystem oder Setting. Ich habe zum Beispiel die Traveller-Weltenerschaffung genutzt, um den Planeten meines Fantasy-Settings für D&D zu erstellen, ich habe Produkte von TSR/WotC, Palladium und DSA durchforstet, um die Götter meiner Welt kompatibel zu machen, und ich habe D&D-Module verschiedener Editionen (3e, PF, LotFP, AD&D …) mit meiner Gruppe gespielt. Wikipedia, Wirtschaftsbücher, Atlanten: Alles äußerst hilfreiche Spielhilfen.
Der Einstieg ins Abenteuer
Was Abenteuer angeht, habe ich wenig Ehrgeiz, diese selbst zu schreiben. Jedes Kaufabenteuer ist mir recht, solange es handwerklich gut gemacht ist, und es ist schon genug Arbeit, das Abenteuer in meine Landkarte, den Kalender und das politische Gefüge einzupassen. Aber das heißt nicht, dass daraus keine eigenen Abenteuer entstehen können. Hier gibt es Tipps zur Erstellung von Szenarien mit Zufalls-Tabellen: Abenteuer-Ideen für D&D aufbereiten
Besonders bereichernd für meine Kampagne sind solche Abenteuer, die dieselbe erweitern. Wird beispielsweise ein Fragment der Historie des Zwergenvolkes beschrieben und habe ich selbst noch keine solche erstellt oder aus anderen Quellen geborgt, habe ich mit diesem Abenteuer meine Kampagne erweitert. Beinhaltet das Abenteuer Hinweise auf eine Streitmacht der Orks und dieselbe wird nicht von den Spielern aufgerieben, kann ich Pläne für weitere Überfälle und Raubzüge schmieden. Auch beim Vorbereiten von Abenteuern für einen Spieleabend kann ich also jede Menge Solo-Spiel betreiben und meine Kampagne ausbauen. Und als Bonus für mich entstehen aus der eigentlichen Spielrunde heraus entweder Einstiege für andere Kaufabenteuer, oder eben eigene Abenteuer.
Endgame
Da muss ich bei unserer D&D-Runde erst noch hinkommen und freue mich schon sehr darauf: Wenn meine Spieler Macht und Einfluss gewonnen haben, werden sie in der Lage sein, die Geschicke der Kampagne in größerem Maßstab zu beeinflussen als derzeit. Wenn Heere befehligt, Verhandlungen mit fremden Herrschern und Mächten geführt oder große Organisationen gegründet werden, wenn irgendwann der Planet selbst zu klein geworden ist, dann beginnt ein anderes Spiel, bei dem die Spieler zunehmend Funktionen des Spielleiters übernehmen können. Und dann, hoho, werden wir Berge versetzen.
Kommentare:
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[…] Benjamin indess stellt den Spielleiter in den Fokus […]
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[…] Benjamin indes stellt den Spielleiter in den Fokus […]
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[…] interessiert, wird hier seinen Ansprechpartner finden. Auch eine mögliche, eigene Kampagne wird mit Tipps zugeschüttet die es kreativen Köpfen sicher erleichtern […]
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