“Homerecording: E-Gitarre und Equipment für Metal”

behringer heavy metal

Ich hab mich nun eine Weile damit beschäftigt, wie man Gitarren am besten metal macht. Für mein persönliches Death Metal-Projekt möchte ich Songs im Stil von Obituary, Triptykon, Entombed und Deicide schreiben, allerdings spiele ich nur so mittel, daher alles nicht so schnell.

Vorbilder

Mit etwas Recherche bekommt man ja ganz gut raus, welches Equipment die Leute so benutzen. Obituary nutzte früher eine Rat-Stompbox und einen Solid Sate-Marshall (YouTube), Triptykon nutzt einen Tube Screamer vor einem Marshall JCM 800. Der Sound von Entombed und weiteren schwedischen Bands aus der Zeit von Left Hand Path (YouTube) wurde maßgeblich vom HM-2 von Boss geprägt („Kreissäge“), das zwar nicht mehr erhältlich ist, allerdings verkauft Behringer einen soliden Klon, den HM300. Und weil es so unterhaltsam ist, hier ein Video, das die beiden im Vergleich zeigt:

Hardware: Amps

Bei meiner Recherche zu geeigneten Verstärkern habe ich unzählige Meinungen und Empfehlungen gefunden, teils widersprüchlich, aber mit einer gewissen Tendenz. Peavey und Engl machen tolle Amps, Diezel ist unbezahlbar, Orange kann man sich angucken, Marshall geht immer, Röhre ist top. Über Solid State Amps wird oft die Nase gerümpft, aber ey, Obituary!

Ein Wort zu Röhrenamps und Leistung: Bei Röhren sollte man ggf. kleinere Wattzahlen bevorzugen, da die Endstufe erst zerrt, wenn sie ausreichend aufgedreht wird, was bei großen Amps zu außerordentlicher Kündigung des Mietvertrags führen kann. Weniger Leistung führt zu mehr Endstufen-Zerre bei Wohnungstauglicher Lautstärke. 20 W sind schon sehr laut, einen 50 W Mesa Boogie Single Rectifier braucht man zu Hause nicht anwerfen.

Ich habe mir für mein Projekt einen Joyo ZoMBie gekauft, einen kleinen Würfel mit einer Röhre in der Vorstufe und einer 20 W Solid State-Endstufe, der klanglich den Mesa Boogie-Amps nachempfunden ist. Dazu eine günstige 1/12er Box mit einem Celestion V30 Lautsprecher. Diese Kombi ist für zuhause schon ziemlich LAUT. Außerdem habe ich einen schicken CRATE Flexwave (Solid State Combo-Amp, 120 W, omg) zur Verfügung. Satten Röhrensound bekomme ich damit nicht, aber das ist ja zum Glück gar nicht mein Anspruch.

Sound – was ist das Ziel?

Überhaupt, Anspruch. Klingen-wie-soundso ist meist der erste Ansatz, der in den Foren schnell mit „Was willst Du überhaupt erreichen“ beantwortet wird. Das war zwar nicht die Frage, ist aber legitim – es sei denn, man möchte eine Coverband starten. Natürlich ist es kein Fehler, eine Orientierung zu haben, und da hilft es eben, sich andere Bands anzuhören. Im Zweifelsfall weiß man dann ja auch, wie man eben nicht klingen will.

Das Problem ist ein bisschen, dass man bei professionell produzierten Aufnahmen davon ausgehen muss, dass der Klang deutlich bearbeitet wurde, und dass da mehr als ein Instrument zu hören ist, der Klang eines einzelnen Instruments also oft gar nicht so genau gehört wird. Der Bass hat einen maßgeblichen Einfluss auf den Klang, Gitarren im Band-Kontext klingen alleine oft recht dünn.

Was also tun? Eine oft gelesene Empfehlung, der ich uneingeschränkt folge, lautet: Fahr ins nächste Musikgeschäft und probier alles aus, was da an Verstärkern rumsteht. (Leider sitzen da meist irgendwelche Jazzmusiker und belegen stundenlang den Raum, weil sie irgendwelche Soli fideln wollen, und dann traut man sich gar nicht mehr, mit seinen begrenzten Skills ein paar doofe Powerchords hinzustolpern.)

Ansonsten helfen die vielen Reviews auf YouTube durchaus weiter, denn auch wenn die Tonqualität meist zu wünschen übrig lässt, die Seele des Klangs kommt in der Regel ganz gut raus. Natürlich findet man nur selten genau die Pedale-Amp-Boxen-Kombi, die man sich vorstellt. Da muss man dann abstrahieren.

Hardware: Pedale

Pedale sind ein schier unerschöpfliches Feld im Geräte-Dschungel. Es gibt so viele unterschiedliche Meinungen, wie es Pedale gibt, und … liebe Leute, gibt es da aber viele. Da ich meine Musik am Rechner produziere und eine große Anzahl Plugins zur Verfügung habe, ist mein Bedarf an Effekten eher gering (Chorus, Echo, … alles nicht als Pedal benötigt), aber gerade die Geräte vor dem Amp haben doch einige Auswirkungen auf den verzerrten Klang und beeinflussen sich gegenseitig. Eben wie eine Insert-Effektkette in Ableton, Cubase o. ä. auch.

Manche empfehlen zum Beispiel, je einen Mehrband-Equalizer vor und hinter einem Verzerrer-Pedal zu platzieren, um den Klang zu optimieren, bevor er vom Amp verändert wird. Einige bestehen darauf, dass komprimierte Signale besser klingen, allerdings wundere ich mich da immer, denn Verzerrer komprimieren ja selbst, und Störgeräusche möchte ich ja nicht verstärken. Außerdem mag ich etwas Dynamik. Ich denke, man kann sich da sehr verzetteln, und manches grenzt an Esoterik (sind die HM-2 aus Japan oder Korea besser), daher habe ich beschlossen, mich für mein Dilletanten-Projekt auf ein paar Basics zu beschränken.

Ich hatte mir vorgenommen, einen dreckigen Sound grob in Richtung Entombed zu finden. Daher war ich heilfroh, als ich den HM300 von Behringer entdeckt habe, der ein Klon des HM-2 von Boss ist. Über das Gerät wird oft die Nase gerümpft, aber es macht eigentlich genau das, was es soll. Ich habe außerdem einen Tube Screamer zur Verfügung, der allgemein zum Aufblasen des Signals empfohlen wird: Einfach vor den Amp schalten, Drive ganz runter – das sorgt in der Regel für einen klareren, aggressiveren Sound.

Ich habe nach den ersten Versuchen festgestellt, dass die Aufnahmen (dazu später mehr) sehr basslastig sind, daher habe ich einen EQ-700 von Behringer besorgt und die Tiefen reduziert. Mein Effektweg vor den Verstärkern ist nun so:

Das Noise Gate regelt dank Vier-Kabel-Methode zuverlässig ab, wenn Stille sein soll. Der Equalizer entfernt die tiefen Bässe, der Tube Screamer macht seine Magie. Soweit nicht aufregend.

Der Sound kommt zusammen

Ich möchte zwei Gitarren aufnehmen, klassisch links und rechts im Spektrum verteilt (je zwei Spuren). Damit das nach Band klingt, nehme ich die beiden Seiten mit verschiedenen Amps und unterschiedliche Effekt-Einstellungen auf, in Wirklichkeit benutze ich nur eine Gitarre, hihi.

Die Verzerrung des Joyo gefällt mir gut, daher setze ich den HM300 eher zur Klangfärbung ein und drehe die Distortion fast ganz runter. Zusammen mit dem Tube Screamer ergibt das einen reichlich kaputten, dreckigen Sound.

Tube Screamer – HM300 – Joyo ZoMBie

Beim Crate drehe ich am HM300 alles auf und wähle am Amp den Overdrive-Kanal mit minimalem Gain. Das macht einen heftig verzerrten und zerstörten Klang mit deutlich weniger Dynamik.

Tube Screamer – HM300 – Crate

Die Aufnahme

Ich nehme die Gitarren nicht über Mikrophone ab, also ohne die Boxen. Da ich das Noise Gate mit Vier-Kabel-Methode nutze, kann ich von dort den Output direkt in mein Audio-Interface am Computer schicken. (Tipp: Da der Joyo keinen Line-Out hat, muss ich dazu ein übriges Kabel ohne Funktion in den Return-Kanal stecken, damit Signal aus dem Send kommt. Easy.)

Da die Boxen extremen Einfluss auf den Klang nehmen, klingen auf diese Art aufgenommene Gitarren bescheuert. Abhilfe schaffen Plugins, die die Klangveränderung einer Box simulieren. Am besten geeignet finde ich Programme wie NadIR von Ignite Amps (kostenfrei bei KVR), hier kann man die Impulsantwort eines beliebigen Lautsprechers laden und schon klingt es richtig. Impulsantworten gibt es viele im Netz, u. a. die üblichen Marshall oder Mesa Boogie.

Damit bekomme ich nun alles in allem einen Klang hin, der mir extrem gut gefällt. Die nächste Herausforderung ist, die Gitarren mit den anderen Instrumenten richtig abzumischen, aber dazu schreibe ich ein andermal.

Software-Simulation für Amps und Pedale

Der oben erwähnte NadIR sorgt für einen Klang wie aus einer ordentlichen Box, aber wer auch keinen Amp und keine Pedale hat, kann dank einer steig wachsenden Zahl an kostenfreien Plugins trotzdem einen ordentlichen Sound erzeugen.

Besonders empfehlen möchte ich hier die Produkte von Ignite Amps, neben dem NadIR haben die eine Vielzahl an Pedalen und Amp-Simulationen für Gitarren und Bässe entwickelt.

Sehr gute Amp-Simulationen liefert auch LePou, unter anderem einen Rectifier.

Und TSE Audio bietet ein paar richtig schicke Pedale, z. B. den 808, einen Tube Screamer, und den BOD, eine Simulation der erfolgreichen Bass-DI-Box von Ampeg. Die beiden sind Gold wert!

Allein mit den Plugins dieser drei Hersteller kann man vermutlich jeden gewünschten Metal-Sound erzeugen. Was das angeht, leben wir wirklich in goldenen Zeiten.

Veröffentlicht am 16. Februar 2019, Keine Kommentare

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